Zurück zur Übersicht

Leiser Leichtbau – Schallabsorbierende Materialien erschließen neue Anwendungsfelder

Die Neue Materialien Bayreuth etabliert in einem Kooperationsprojekt einen innovativen Fertigungsprozess zur Herstellung schallabsorbierender Vliesbauteile für einen weiten Frequenzbereich von 500 – 3.000 Hz.

Radhausschalen-Inlays und schematische Darstellung des Materialaufbaus (© NMB)

 

Die Reduktion von Lärm ist vor allem durch die stetig anwachsende Bevölkerung und der damit verbundenen Zunahme an Verkehr ein zentrales Thema in unserer heutigen Gesellschaft. Durch die europäische Regierung vorgegebene Lärmobergrenzen in den Beschlüssen UN / ECE 51 und UN / ECE R117 sollen diesem Problem entgegenwirken. Dies bedeutet eine Reduktion der Schallemission durch vorbeifahrende Kraftfahrzeuge von max. 72 dB(A) auf max. 68 dB(A) in einem Abstand von 7,5 m. Neben dem Motor und den Windgeräuschen zählen die Reifengeräusche zu den größten Lärmquellen von Fahrzeugen. Da die Reifen bereits auf die Traktion mit dem Fahrbahnuntergrund optimiert sind, ist ein Eingriff in das Profil für akustische Anpassungen stark limitiert. Daher stehen die Automobilhersteller vor der Herausforderung, fahrzeugseitig eine Lösung zur Schallabsorption anzubieten. Im Projekt wurde dies exemplarisch an einer Radhausschale gezeigt, die Lösung kann aber auf weitere Bereiche, beispielsweise Unterböden, übertragen werden.

Das Hauptziel war ein kostengünstiges Leichtbaumaterial zur Schallabsorption über einen weiten Frequenzbereich zwischen 500 und 3000 Hz und einen darauf abgestimmten Verarbeitungsprozess zu entwickeln und den Wirkungsgrad einer schallabsorbierenden Radhausschale auf die Reifenabrollgeräusche zu ermitteln. Als Ausgangswerkstoff wurde hierbei thermoplastisches Vlies verwendet. Dieses verfügt aufgrund seines offenporigen Materialaufbaus ideale Voraussetzungen, um Schall zu absorbieren. Mailinger GmbH entwickelte auf Basis dieser Anforderungen eine Vlieszusammensetzung und stellte die entsprechenden Halbzeuge her. Zur Unterstützung der Materialentwicklung wurden bei der Firma Amitronics GmbH und der TU München (Lehrstuhl für Akustik mobiler Systeme) akustische Messungen in der Alphakabine und dem Impedanzrohr durchgeführt und der Zusammenhang zwischen prozessspezifischen Parametern wie Kompaktierungsgrad, Flächengewicht, Pressdicke und Luftdurchlässigkeit erforscht. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurde ein Vliesaufbau abgeleitet, bestehend aus einer Kombination aus PES-Biko- und Glasfasern. Bei der Verarbeitung bildet sich eine Mikrostruktur mit definierter Porosität. Für die Absorption von Schall in einer weiten Frequenzbreite wurden zudem kompakte λ/4-Resonatoren auf Basis von Folien, sog. MPPs (Micro perforated plates) betrachtet. Diese ergänzen dabei die Absorptionseigenschaften der Vliese bei hohen Frequenzen bis 3000 Hz und leisten den Absorptionsbeitrag bei tiefen Frequenzen unter 1200 Hz. Zudem ermöglichen die perforierten Folien eine kompakte und gewichtssparende Bauweise des Gesamtsystems. Für die Umsetzung der MPPs wurde gemeinsam mit CAD-Plast GmbH und Reichle Technologiezentrum GmbH ein Herstellungskonzept erarbeitet und bei der NMB in Prozesse und Bauteile umgesetzt. Kern der Entwicklung war die Anhaftung der MPPs zum Vlies sowie die Sicherstellung der Dimensionsstabilität der definierten Perforationen bei der Herstellung und thermischen Weiterverarbeitung beim Pressen.

Über akustische Simulationen und Messungen wurden die erforderlichen Materialdicken und Zusammensetzungen konzipiert. Gemeinsam mit dem schallabsorbierenden Vlies wird das MPP über einen thermischen Pressprozess zu Probekörpern und Bauteilen verarbeitet (siehe Abbildung). Um den Prozess nachhaltiger und effizienter zu gestalten, galt es die Temperierung sowie den Ablauf des Prozesszyklus (Presszeit ≤ 1 Minute) zu optimieren. Zudem wurde ein Anbindungskonzept der porösen Bauteile an das Fahrzeug erarbeitet und in den Verarbeitungszyklus integriert.

In dem Projekt ist es gelungen ein Material zu finden und herzustellen, welches einen hohen Schallabsorptionsgrad über eine weite Frequenzbreite von 500 bis 3000 Hz aufweist und an neue potenzielle Zielanforderungen (Zielfrequenzen) und Anwendungen angepasst werden kann.

Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Zentralen Innovation Programm Mittelstand (ZIM) geförderte Projekt „MetaRadhausschale – Entwicklung einer Radhausschale aus Metamaterialien mit Feinstruktur und eines neuartigen Prägewerkzeugs zur Reduzierung des Reifenlärms gemäß den EU Richtlinien UN / ECE R 51 bzw. UN / ECE R117 auf maximal 68 dB(A) ab spätestens 2024“ (Förderkennzeichen ZF4064613P O8) wurde von den Kooperationspartnern Neue Materialien Bayreuth GmbH (Bayern), Amitronics GmbH (Bayern), Mailinger GmbH (Hessen), CAD-Plast GmbH (Bayern), Reichle Technologiezentrum GmbH (Baden-Württemberg) und der Technischen Universität München (Bayern) realisiert.

 

 


Ansprechpartner

Neue Materialien Bayreuth GmbH
M. Sc. Juri Kolodi | E-Mail juri.kolodi@nmbgmbh.de

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies (ausschließlich funktionale) zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um Ihnen das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn Sie diese Website ohne Änderung Ihrer Cookie-Einstellungen verwenden oder auf "Akzeptieren" klicken, erklären Sie sich damit einverstanden.

Schließen